Jahresmotto

»Das Unerhörte / ist alltäglich geworden. […]«

Ingeborg Bachmann: Alle Tage (1952)


PROGRAMM 2024

Do 22. Februar, 18 Uhr Kunstmuseum Ravensburg

Apéro Goethe

Alle Jahre wieder … Aber diesmal ist der Ort ein anderer, wir treffen uns im Studio (EG) des Kunstmuseums, dort werden wir, wie gewohnt, das neue Jahresprogramm vorstellen. Anschließend, 19 Uhr, folgt eine Führung durch die Jawlensky-Ausstellung (im 1. EG). 


Do 14. März, 20 Uhr | Kornhaus Saal | Vortrag Im Schatten des Vaters

Im Schatten des Vaters

Über August von Goethe. Vortrag von Stephan Oswald 

Noch auf dem Grabstein (August von Goethe starb 1830 in Rom) wurde ihm der eigene Name verwehrt, es heißt schlicht: »Goethe filius«. Nicht nur in Weimar zu Lebzeiten, sondern auch in der Forschung ist er stets der Sohn, der die Erwartungen seines Vaters enttäuscht hat. Dem Literaturwissenschaftler Stephan Oswald, der in Bologna lehrt, ist es gelungen, August von Goethe jene Individualität zuzuschreiben, um die er vergeblich kämpfte. »Eine so spannende wie erregende psychologische Studie«, urteilte der Münchner Merkur.

 

Do 11. April, 20 Uhr | Kornhaus Saal | Vortrag

Verständigung über Abgründe hinweg

Ingeborg Bachmann und Hilde Domin. Vortrag von Barbara Agnese

Im September 1957 schrieb Hilde Domin der »sehr verehrten« Ingeborg Bachmann, im Oktober trafen sie sich dann in einem Münchner Café, die Lektüre der Gedichte bildete das Fundament ihrer Beziehung. Bachmann hatte 1957 im Piper-Verlag Die gestundete Zeit veröffentlicht, Domin 1959 bei Fischer den Band Nur eine Rose als Stütze. Die Interpretation einzelner Gedichte soll den Vortrag von Barbara Agnese abrunden, in dessen Zentrum die komplexe Beziehung der Autorinnen steht. Agnese, Professorin für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Montreal, hat eben ihren Briefwechsel »Über Grenzen sprechend« herausgegeben.

Hinweis: Bereits um 19 Uhr Mitgliederversammlung der Goethe Gesellschaft Ravensburg e.V.

Di 14. Mai, 20 Uhr | Kornhaus Saal | Vortrag

Wer braucht da noch Italien?

Goethe in Schwaben. Vortrag. Von Andrea Hahn

Goethe war zweimal in Schwaben. Das erste Mal im Dezember 1779, als er mit Herzog Carl August aus der Schweiz zurückkehrte. Und das zweite Mal im Sommer 1797, als er, allein, auf dem Weg in die Schweiz war. Obwohl nur auf Durchreise, gewähren die überlieferten Begegnungen überaus vielfältige Einblicke in das Schwaben jener Tage. »Würde Goethe heute seine Reiserouten noch einmal abfahren«, mutmaßt die Journalistin (und Goethe-Kennerin) Andrea Hahn, so würde er in Stuttgart »vielleicht nicht mehr Tage wie in Rom« verzeichnen, aber »zweifelsohne« erneut inspirierende Gespräche haben.

 

Bild: GOETHE VON GEORG OSWALD MAY, 1779

Sa 15. Juni, 15 Uhr | Liebenhofen 25, Grünkraut | Lektürekurs

»Zum ewigen Frieden«

Ein philosophischer Entwurf von Kant. Referiert von Franz Schwarzbauer

»Wer die Kriege der Welt beenden will, muss seine Bücher lesen«, hat kürzlich DIE ZEIT behauptet. Damit ist ein Text in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt, den Kant 1795 geschrieben hat: Zum ewigen Frieden. Obwohl (auch) damals Kriege an der Tagesordnung waren, obwohl Kant glaubte, dass der Krieg, nicht der Friede, der ›Naturzustand‹ unter den Menschen sei, hatte er den Mut, einen dauerhaften Frieden für möglich zu halten. Denn es sei »unter den Völkern der Erde« so weit gekommen, »daß die Rechtsverletzung an einem Platz der Erde an allen gefühlt« werde. Es lohnt sich, diesen bedeutsamen Text des Philosophen zu lesen und zu diskutieren! Die Lektüre ist für die Teilnahme erwünscht

 

Bild: IMMANUEL KANT, GEMÄLDE VON JOHANN GOTTLIEB BECKER, 1768

Do 26. September, 20 Uhr Kornhaus Saal | Lesung

»Aufklärung. Ein Roman«

Lesung von Angela Steidele

»Ein Buchtitel wie ein Paukenschlag«, schrieb die Süddeutsche, und die FAZ führte aus: »Selten war ein Titel passender.« Denn die Geschichte des Romans spielt in der Epoche der Aufklärung, und die Ich-Erzählerin klärt auf: wer die verstorbene Luise Gottsched ›wirklich‹ gewesen ist. Jedenfalls anders und vielseitiger, als ihr Ehemann, der ›Literaturpapst‹ Johann Christoph Gottsched die Zeitgenossen Glauben machen wollte. Eine vertrackte Geschichte also, deren Vielstimmigkeit die Kritik überzeugt hat; der Roman wurde für den Preis der Leipziger Buchmesse 2023 nominiert. Die Autorin Angela Steidele, die Literaturwissenschaft studiert hat (und lehrt), geht in ihren Romanen oft verborgenen, unterdrückten oder geleugneten Beziehungen von Frauen nach. Ihre Biographien haben stets zwei Zeitebenen, die Vergangenheit und die Gegenwart.

Do | 10. Oktober | Kornhaus Saal | Vortrag

»Paare, Dritte, Arrangeure«

Zur narrativen Arithmetik in Wilhelm Meisters Lehrjahren.
Vortrag von Albrecht Koschorke


Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre, der vielen Generationen als Idealtyp des Bildungsromans erschien, entfaltet, bei genauer Lektüre, seine Dynamik aus der inneren Spannung von Figurendreiecken. Der Vortrag spürt dieser arithmetischen Logik nach, ausgehend von dem das Buch leitmotivisch durchziehenden Bildnis des kranken Königssohnes. Besonderes Augenmerk soll hier einer ergänzenden vierten Figur gelten (im Gemälde von Januarius Zick ist dies der Arzt), die an der triangulären Spannung nicht beteiligt ist, sondern sie beobachtet und moderiert. Das literarische Werk im kulturwissenschaftlichen Kontext zu lesen und zu deuten, ist ein Forschungsgebiet von mehreren, denen das Interesse von Albrecht Koschorke gilt. Koschorke, der seit 2001 Allgemeine Literaturwissenschaft in Konstanz lehrt, ist 2003 mit dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet worden.

 

Bild: JANUARIUS ZICK, „DER KRANKE KÖNIGSSOHN” Museum Wiesbaden

Sa 12. Oktober | Exkursion (ganztags) | Busbahnhof ab 9:26 Uhr

Auf den Spuren der Annette von Droste-Hülshoff

In Meersburg am Bodensee. Begleitet von Franz Schwarzbauer

Wenige Orte sind so mit einem/r Autor/in verknüpft wie Meersburg mit Annette von Droste-Hülshoff. Dreimal war sie im Alten Schloss bei Schwager (Joseph von Laßberg) und Schwester (Jenny) zu Besuch, hier entstanden ihre berühmtesten Werke, hier starb sie im Mai 1848. Die Exkursion führt in Meersburg daher zunächst zum Friedhof, dann zum Fürstenhäusle, das Droste-Hülshoff 1843 (mitsamt Weinberg) erwarb, schließlich in das Alte Schloss. Ja, Meersburg war dem adligen Fräulein aus Westfalen zur »zweite[n] Hälfte meiner Heimat« geworden. Franz Schwarzbauer, der von 1993 bis 2003 das Kulturamt in Meersburg geleitet hat, ist ein ausgewiesener Kenner von Leben und Werk der Annette von Droste-Hülshoff.  

 

Bild: ANNETTE VON DROSTE-HÜLSHOFF AUF DEM BALKON DER MEERSBURG, HOLZSTICH 19. JHD.

Fr. 15. November, 18:30 Uhr | Stadtbücherei Lesecafé | Lesemarathon

Ulrich Plenzdorf: »Die neuen Leiden des jungen W.«

Der Lesemarathon feiert ein Goethe-Jubiläum der besonderen Art: 1774, vor 250 Jahren also, erschien der Roman Die Leiden des jungen Werther, der den Grundstein zu Goethes literarischer Karriere legte. »Schießt sich ein Loch in seine olle Birne, weil er die Frau nicht kriegen kann, die er haben will, und tut sich ungeheuer leid dabei«, so fasst Ulrich Plenzdorfs Romanheld Edgar Wibeau diese Geschichte einmal frech zusammen. In Die neuen Leiden des jungen W. lässt Plenzdorf seine unangepassten Helden in Werthers Fußstapfen durch die DDR der 1970er Jahre wandeln. Dem Roman, der 1973 erschien, ist das Kunststück gelungen, seine ernsthafte Gesellschaftskritik mit vielfältigem Humor zu verbinden.

Die Veranstaltungen im Kornhaussaal und im Lesecafé finden in Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei statt.

Vorträge, Lesungen:
Eintritt für Mitglieder der Goethe-Gesellschaft frei | Nichtmitglieder 7 €

Ganztags-Exkursionen:
›Mistel-Obulus‹ für Nichtmitglieder 10 €

Herausgegeben
von der Goethe-Gesellschaft Ravensburg e. V.
Homepage www.goethegesellschaft-ravensburg.de
info@goethegesellschaft-ravensburg.de

Postadresse:
c/o Dr. Franz Schwarzbauer I Gebhard-Fugel-Weg 31 I 88214 Ravensburg